8. Januar 2021. Schneeregen, das Wetter ist ungemütlich. Um 20 Uhr muss ich wieder zuhause sein. Ausgangssperre, um die Pandemie in Griff zu bekommen. Also den inneren Schweinehund überwinden, was ich bis 20 Uhr draußen nicht erledigt habe, kann ich danach nicht mehr erledigen. Nach dem Einkaufen also noch zu einer Klimmzugstange radeln. Am Kanalweg, dieser ist noch belegt, also weiter im Hardtwald bis zur Waldstadt. Hier bin ich alleine, kann meine Übungen machen. Bis zur Oststadt hatte ich meine 30 km geradelt. Über die Gerwigstraße fährt ein langer ICE4. Fast leer. Wehmütig schaue ich hoch. Das wäre ideales Reisen, ich bräuchte wahrscheinlich nicht mal mein Birdy zusammenfalten. Aber es hat ja einen Grund, warum die Züge so leer sind. Ich könnte ja nirgendwo ankommen und übernachten. Eigentlich wollte ich ja wieder mal reisen, über meine Erfahrungen, Erlebnisse mit Bahn und Fahrrad berichten. Vielleicht mal wieder eine Gruppentour unternehmen, …
Es ist kurz nach 20 Uhr. Noch eine kleine Runde und dann hinein in die Wohnung.
weiter ...
In den BNN sind immer wieder Leserbriefe zur Mobilität, es bilden sich immer wieder zwei Lager, Fahrrad, Auto.
Im Blog zur Critical Mass Karlsruhe soll ich wieder Meinungen aus Leserbriefen veröffentlichen. Tja, Critical Mass ist ja auch nicht möglich. Also bleibt es bei der Auseinandersetzung mit Gedanken, dem Beobachten von Entwicklungen.
Auch wenn man sehr vieles in der jetzigen Zeit nicht gemeinsam machen kann, jede und jeder eigene Wege sucht für das eigene Leben, sollte man eines nicht verlernen: Solidarität, Toleranz. Solidarität brauchen wir jetzt verstärkt, es geht um die Gemeinschaft, um unser Gesundheitssystem, alle sollen gesund bleiben. Ein Lichtblick sind die angelaufenen Impfungen. Toleranz brauchen wir, um uns nicht zu entfremden.
Toleranz ist der Schlüssel, um gemeinsam etwas zu erreichen.
Die Mobilität in der Stadt besteht eigentlich aus 4 Säulen ÖPNV, Fahrrad, Fußgänger und Fußgängerinnen und Auto.
Bis Anfang 2020 waren wir auf einem sehr guten Weg, Fahrrad, ÖPNV steigerte sich immer weiter und mit eigenem Verhalten, der eigenen Begeisterung, der Critical Mass und anderen Aktionen konnte man die Verkehrswende befeuern.
Doch dann kam die Corona-Pandemie. Hier zahlte sich die Begeisterung für das Fahrrad aus. Die Menschen erkannten noch mehr, dass das Fahrrad das ideale Verkehrsmittel ist, flexibel, schnell und vor allem gesund und diese Art der Fortbewegung ist sicher vor Infektionen, wenn man Abstand wahrt, und wenn es mal enger wird, man auch die Maske aufzieht.
So bleibt man gesund und stärkt zudem sein Immunsystem, viele Möglichkeiten für Sport sind ja zur Zeit eingeschränkt.
So weit, so gut und hoffnungsvoll für Gesundheit und Klima.
Aber ...
Die Säule ÖPNV ist zum Großteil weggebrochen. Busse und Bahnen werden gemieden, im Berufsverkehr dicht zusammen zu fahren, erfordert ein starkes Abwägen des eigenen Sicherheitsbedürfnisses. Das eigene Auto wird wieder verstärkt zum Verkehrsmittel der Wahl.
Fahrrad und Auto konkurrieren wieder verstärkt um Verkehrsraum.
In Diskussionen höre ich mir die Sicherheitsbedenken an, warum wieder das Auto verstärkt genutzt wird. Dabei ist Toleranz wirklich wichtig, auch das Verstehen der Beweggründe. Durch Konfrontation und erhobenem Zeigefinger erreicht man die Entwicklung eines Lagerdenkens zwischen Menschen, die Fahrrad oder Auto fahren. Die einen werden als moralische Besserwisser abgelehnt von den anderen, die sich von diesen diskriminiert fühlen, weil sie im Auto unterwegs sind.
Das ist auf Dauer kontraproduktiv, das, was bis jetzt im Bewusstsein an ökologischem Denken und Tun erreicht wurde, geht darüber zurück und muss mühsam wieder zurück aufgebaut werden.
Denn die Pandemie wird besiegt werden und irgendwann vorbei sein. Der Klimawandel schreitet weiter fort und verschwindet nicht. Hier brauchen wir alle Menschen mit der Solidarität, die wir in der Pandemie ja in der Masse so gut beweisen und lernen.
Leben wir jede und jeder mit unserem Beispiel vor, was möglich ist. Und bleiben wir dabei tolerant, um andere mitnehmen zu können, andere begeistern zu können und nicht abzuschrecken oder auszugrenzen.
Es ist unser aller Zukunft.
Und jetzt bleibt alle gesund und blickt mit Zuversicht in die Zukunft. Den mit dieser Zuversicht und gegenseitigem respektieren können wir zusammen Kräfte freisetzen